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Kleines Herz mit Fehlern Seite 7 von 9

Auswirkung der Defekte

Anatomisch und physiologisch richtig besteht im linken Herzvorhof ein höherer Druck als im rechten. Ist die Scheidewand der Herzvorhöfe defekt, so gelangt das sauerstoffangereicherte Blut der Lunge über die vier Lungenvenen in den linken Herzvorhof und über den Vorhofseptumdefekt in den mit sauerstoffarmen Blut gefüllten rechten Herzvorhof. Es besteht ein Links-rechts-Nebenschluss (Links-rechts-Shunt). Vom rechten Herzvorhof strömt das Mischblut über die Dreisegelklappe in die rechte Herzkammer. Sauerstoffarmes, aber auch der Teil des schon sauerstoffangereicherten Blutes wird über die Lungenschlagader erneut den Lungen zugeführt.

Das zusätzliche Blutmengenangebot an den rechten Herzvorhof belasten das rechte Herz und die Lungen. Der Entzug der Blutmenge des linken Herzvorhofes ergibt für den Körperkreislauf einen Verlust.

Die Lungenschlagadern haben einen besonderen Regulationsmechanismus, mit dem sie in der Lage sind die Lungen vor dem erhöhten Blutzufluss zu schützen. Die Lungenarterie entspringt der rechten Herzkammer und teilt sich später in einen rechten und linken Ast, bis sie schließlich in den Lungen zu kleinen und kleinsten Lungenarterien aufzweigt. Die Lungenarterienwand setzt sich aus drei Schichten zusammen. Die mittlere Schicht besteht aus Muskulatur, so dass sich der Innenraum der Lungenarterien durch zusammenziehen der Muskulatur verengt.

Mit dem dadurch steigenden Gefäßwiderstand wird der Blutzufluss zu den Lungen reduziert. Die Lungengefäße sind also in der Lage die Lungen vor Überflutung zu schützen. Besteht aber ein erhöhtes Blutvolumenangebot an die Lungen über längere Zeit, so führt diese Belastung der Lungenschlagadermuskulatur zu einer Vermehrung der Muskelfasern um die erforderliche Leistung weiter vollbringen zu können. Schon diese stärkere Muskelschicht ergibt einen reduzierten Innenraum.

Und gegen diesen steigenden Strömungswiderstand muss das rechte Herz pumpen.

Die Muskulatur der rechten Herzkammerwand verdickt (hypertrophiert) infolge dessen, um den erforderlichen höheren Druck gegen den Gefäßwiderstand der Lungen zu erreichen. Die rechte Herzkammer ist, entsprechend ihrer anatomischen Verhältnisse (Feinbau und Anordnung der Herzmuskelfasern), für Volumenarbeit ausgelegt, muss jedoch nun vermehrte Druckarbeit leisten. Sie toleriert zwar über einen längeren Zeitraum eine Volumenmehrarbeit durch ein erhöhtes Blutangebot, jedoch die zusätzlich steigende Druckarbeit kann auf Dauer zur Schädigung ihrer Muskulatur führen. Lungenhochdruck (pulmonale Hypertonie) und die Gefahr des Rechts-Herz-Versagens können entstehen.

So lange die Muskulatur der Lungenarterien noch in der Lage ist sich zusammen zu ziehen und zu erschlaffen, kann eine Rückbildung des erhöhten Lungendrucks nach erfolgter Korrekturoperation des Herzfehlers erwartet werden. Ob dieser Mechanismus der Gefäßmuskulatur ausreichend gewährleistet ist kann manchmal nur in der Herzkatheteruntersuchung festgestellt werden. Man führt z. B. über den Katheter ein Medikament zu, das den Widerstandsdruck der Lungenarterien senkt. Tritt eine Senkung des Gefäßwiderstands ein, dann ist dieser Regulationsmechanismus intakt. Allerdings führt eine ständige Überanspruchung der kleinen Lungenarterienmuskulatur zu dessen Erschöpfung und damit zu einem Umbau der Gefäßwandstruktur. Die Muskulatur wird durch Bindegewebe, es ist nicht fähig sich zu kontrahieren (zusammenziehen und erschlaffen), ersetzt, so dass die Gefäßwände erhärten. In diesem Zustand ist eine Rückbildung zu elastischem Muskelgewebe nicht mehr möglich, der Lungenhochdruck also manifest.

Je länger der Links-rechts-Nebenschluss besteht, um so höher steigt der Gefäßwiderstand der Lungen, so dass der Druckwert des rechten Herzen im Endeffekt den Druckwert des linken Herzen übersteigt. Dann wechselt auch der Blutstrom im Scheidewanddefekt vom Links-rechts-Nebenschluss zum Rechts-links-Nebenschluss (Rechts-Links-Shunt). Jetzt fließt sauerstoffarmes Blut des rechten Herzvorhofs über den Scheidewanddefekt in den linken Herzvorhof, vermischt sich dort mit dem sauerstoffreichen Blut, fließt über die linke Herzkammer in die Körperschlagader (Aorta) und wieder zurück in den Körperkreislauf. Sauerstoffarmes Blut ist dunkler als sauerstoffreiches Blut. Das entstandene Mischblut hat einen reduzierten Sauerstoffgehalt und eine dunklere Farbe. Eine dadurch sichtbare bläuliche Hautverfärbung (Zyanose) kennzeichnet so auch das Bestehen einer schlechten Sauerstoffversorgung des Körpers.

Da auch die Herzkranzarterien (Coronararterien) - sie versorgen den Herzmuskel mit sauerstoffreichem Blut -, nur noch Mischblut führen, wird zudem der Herzmuskel nicht mehr entsprechend seinem steigenden Sauerstoffbedarf für die erforderliche erhöhte Herzleistung versorgt.

Ein Ventrikelseptumdefekt bedeutet für rechte und linke Herzkammer erhöhte Belastung. Entsprechend der Herzkammerfunktionen besteht in der linken Herzkammer ein hoher und in der rechten Herzkammer ein niedriger Druck. Das sauerstoffangereicherte Blut der linken Herzkammer muss über die Körperschlagader in den Körperkreislauf (großer Kreislauf, hoher Druck) gepumpt werden und das sauerstoffarme Blut der linken Herzkammer strömt über die Lungenschlagader zu den Lungen (kleiner Kreislauf; niedriger Druck).

Wieder ist die Größe eines VSD entscheidend, denn entsprechend der Defektgröße gelangt eine mehr oder weniger große Menge sauerstoffangereicherten Blutes der linken in die rechte Herzkammer und führt dort zu einer Druckerhöhung. Die linke Herzkammer hat nun ein reduziertes Blutvolumen und versucht durch eine erhöhte Pumpleistung das Defizit für den Körperkreislauf auszugleichen. Der Körper wird dennoch nur mangelhaft mit Sauerstoff versorgt.

Die Lungen versuchen sich also auch hier vor dem erhöhten Blutzufluss zu schützen, indem sie die Gefäßwände ihrer kleinen und kleinsten Schlagadern verengen. Steigender Widerstandsdruck der Lungenarterien sind die Folgen.

Die Herzkammermuskulatur muss immer mehr Pumpleistung erbringen. Eine Zunahme der Herzkammermuskulatur ist die Folge. Schließlich kann hier ebenfalls der Druck der rechten Herzkammer dem linken Herzkammerdruck entsprechen, oder ihn übersteigen und zu einem Wechsel des Blutstroms vom Links-rechts-Shunt zum Rechts-links-Shunt führen. Dann wird sauerstoffarmes Blut der rechten Herzkammer über den Shunt zur linken Herzkammer und über die ihr entspringende Körperschlagader dem Körperkreislauf zugeführt. Die nun mangelhafte Sauerstoffversorgung des Körpers wird durch eine schnell zunehmende Blausucht (Zyanose) erkennbar.

Folglich sind die Größe des Scheidewanddefektes, seine hämodynamische Wirksamkeit und das Beschwerdeausmaß die entscheidenden Kriterien für oder gegen eine Operation. Eine Herzkatheteruntersuchung gibt Hinweise zum richtigen Operationszeitpunkt, wobei ein eventuell zu erwartender Widerstandsdruck in den Lungenarterien eine entscheidende Rolle spielt.

Copyright, © 2001 Karin Nebeling, Krankenschwester           infobox
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