Kinderherzsport Seite 3(a) von 6 Lebensqualität durch sportliche Be(s)tätigung
2. Die verschiedenen Funktionen von Sport
Sportliche Betätigung kann ganz unterschiedliche Intentionen verfolgen und entsprechend verschiedene Funktionen haben. Zu nennen wären etwa:
Sport als Leistung (Wettkampf); darauf möchte ich hier gar nicht näher eingehen.
Sport als körperliches Training (Verbesserung und Erhaltung von Ausdauer, Kraft und Geschicklichkeit). Das ist der Ansatz der Turnbewegung seit dem letzten Jahrhundert gewesen („Körperertüchtigung”; „hart wie Kruppstahl, zäh wie Ziegenleder und schnell wie die Windhunde”). Er spielt heute eine große Rolle im Trimm- und Breitensport oder auch beispielsweise im Koronarsport.
Sport als Teilbereich der Freizeit (Gegensatz zur Arbeits- und Schulwelt). Hier kann man z.B. Aspekte wie Spiel, Spaß, Entspannung oder auch das „Abschalten” von Alltagsproblemen einordnen.
Sport als Anlaß für Interaktion, Kommunikation und soziales Lernen (soziale Beziehungen, Kontakt- und Konfliktfähigkeit, Rollenfindung, Identität). Darauf gehe ich später ausführlich ein.
Sport als Körper- und Sinneserleben (Fühlen, positives Körperbewußtsein, Selbstwertgefühl, Wohlbefinden). Dieses Ziel wurde von der Gymnastikbewegung zu Anfang dieses Jahrhunderts wiederentdeckt.
Sport als pädagogisch-therapeutisches Medium (z.B. bei Kindern mit psychomotorischen Entwicklungsstörungen)
Sport als Mittel, die Körperproportionen zu verändern („body- shaping”).
Dass regelmäßiges (moderates) Sporttreiben günstige Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit hat, ist unbestritten. Es gibt heute darüber hinaus eine ganze Reihe von Studien zu den seelischen Auswirkungen sportlicher Betätigung.
Alle diese Untersuchungen zeigen übereinstimmend, dass
Sport bei den meisten Menschen auch zu einer verbesserten psychischen Befindlichkeit führt.
Menschen, die regelmäßig Sport betreiben, berichten über ein besseres körperliches und seelisches Wohlbefinden,
ihr Selbstkonzept und ihre Lebenszufriedenheit werden positiv beeinflußt,
und sie zeigen wenigerÄngste und Depressionen (vgl. Abele & Brehm, 1990).
Dabei scheinen die oben genannten Aspekte „Freizeit”, „Kommunikation” und „Erlebnisorientierung” eine größere Rolle zu spielen als der reine Trainingseffekt der sportlichen Betätigung (vgl. Mittag, 1996).
Dies gilt in noch höherem Maß für Kinder.
Die Trainierbarkeit von Kindern insbesondere im Sinne einer Verbesserung von Ausdauer (kardiopulmonale Leistungsfähigkeit) und Kraft ist viel geringer als bei Erwachsenen und kann daher gar nicht im Vordergrund stehen.
Ein besonderes Training ist in aller Regel auch deswegen unnötig, weil Kinder sich spontan ausreichend bewegen, um körperliche „Fitneß” aufrechtzuerhalten.
Kinder brauchen keine besondere Motivation für Bewegung. Wenn sie spielen, dann ist das fast immer mit körperlichen Aktivitäten wie Laufen, Springen oder Klettern verbunden.
Natürlich gibt es hier Ausnahmen, wenn z.B. kardiopulmonale Einschränkungen oder übertriebene Ängste von Eltern/Lehrern zu einem Trainingsmangel geführt haben. Darauf werde ich noch eingehen.
Ein zweiter Grund dafür, die wahrnehmungs-, erlebnisorientierte und kommunikative Bedeutung des Sports in den Vordergrund zu stellen, liegt in Veränderungen der Bedingungen, unter denen Kinder heute aufwachsen:
* Die traditionelle „Straßenkindheit” ist auf dem Rückzug;
* der Kinderalltag ist viel stÄrker kontrolliert als früher;
* freie Bewegung („Toben”) ist oft nur noch in dafür zugelassenen Reservaten möglich;
* an die Stelle einer unmittelbaren, sinnlichen Erfahrung sind virtuelle Zugänge zur Realität getreten;
* Protagonisten aus Fernsehserien ersetzen reale Beziehungen zu Freunden und Nachbarn.
Ich will dieses Szenario nicht weiterführen. Es könnte der Eindruck entstehen, dass ich einer Haltung: „Früher war alles besser”, das Wort reden wollte. Das ist nicht der Fall. Mediengesellschaft, organisierte Kindheit und die Fragmentierung sozialer Netzwerke sind heute Realitäten, und wir leben damit recht und schlecht, so wie wir früher mit anderen Problembedingungen fertiggeworden sind.
Der entscheidende Punkt ist m.E., dass dies die Bedeutung des Sports in eine andere Richtung als die der einseitigen Körperertüchtigung verlagert: Sportliche Betätigung hat heute zunehmend auch eine soziale, psychologische und „sinnliche” Funktion! Und in dieser Funktion kann Sport tatsächlich entscheidend zur Lebensqualität von Erwachsenen und Kindern beitragen.
Die letztere Aussage ist allerdings ein bißchen kühn. Es gibt nämlich nur verschwindend wenige wissenschaftliche Untersuchungen zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität bei Kindern. Bullinger & Ravens-Sieberer (1995) fanden bei einer umfassenden Literaturrecherche zu diesem Thema nur ganz wenige Studien an Kindern (1,5 Prozent!). Kaum eine dieser Arbeiten bezog sich auf herzkranke Kinder.
Es ist uns mitgeteilt worden, dass ein "MEDICUS Verlag"
Firmen und Einrichtungen unter dem Namen Kinderherzliga anspricht um Inserenten
für eine "Festzeitschrift oder Festbroschüre zum 25-jährigen Jubiläum der Kinderherzliga"
zu werben.
Wir haben weder 25-jähriges Jubiläum noch eine Broschüre in Auftrag gegeben!
Im Gegenteil! Unsere Aspekte-Broschüre wird seit 3 Jahren nicht mehr hergestellt, weil sich in einer
Auflage unseriöse Werbe-Inserate fanden.
Aspekte wird ausschließlich nur noch Interessierten als PDF-Dokument oder dessen Ausdruck
zur Verfügung gestellt.